Ingrid Kreissig in die „Hall of Fame“ der Ophthalmologie aufgenommen

Prof. Dr. med. Ingrid Kreissig

Seit 2014 werden während des Internationalen Kongresses der Deutschen Ophthalmochirurgen (DOC) mindestens zwei Persönlichkeiten für „ihr herausragendes Lebenswerk und ihre Verdienste um die Augenheilkunde“ dadurch geehrt, dass sie in eine imaginäre „Hall of Fame Ophthalmologie“ aufgenommen werden. Bei der Bekanntgabe am 21. Juni 2024 freute sich DOC-Präsident Dr. med. Armin Scharrer sichtlich, dass „erstmals und sehr zurecht zwei Damen in die Hall of Fame aufgenommen wurden“. Neue Mitglieder dieser Ruhmeshalle sind Prof. Dr. med. Ingrid Kreissig (Mannheim, New York, Tübingen) und Prof. Dr. med. Gabriele Lang (Ulm).

Prof. Dr. med. Ingrid Kreissig: Die erste Inhaberin eines chirurgischen Lehrstuhls in Deutschland

Prof. Dr. med. Ingrid Kreissig absolvierte ihr Studium der Humanmedizin in Bonn, München und Cleveland (USA). Sie promovierte 1960 an der Universität Bonn über die „Resistenzbestimmung von 1627 Salmonella-Stämmen“ und habilitierte sich dort 1972 mit dem Thema „Ultrastruktur der Kryopexie-Adhäsion in der Netzhautchirurgie“. I. Kreissig spezialisierte sich als Retinologin und war in diesem Spezialgebiet zwischen 1963 und 1972 in der Augenklinik St. Gallen (Schweiz), der Universitätsaugenklinik Zürich (Schweiz), der Universitätsaugenklinik Bonn und dem New York Hospital-Cornell University tätig. Anschließend übernahm sie an der Augenklinik Bonn die Leitung der Abteilung "Hintere Augenabschnitte" und wurde im Jahr 1979 als erste Frau Deutschlands auf einen chirurgischen Lehrstuhl an die Universitätsaugenklinik Tübingen berufen. Außerdem war I. Kreissig als Adjunct Professor für Clinical Ophthalmology an der New York Hospital-Cornell University (1982), als Adjunct Professor der Universitätsaugenklinik Mannheim-Heidelberg (2001) und als Professor h.c. for Research am Ufa Eye Research Institute in Ufa (Russland) tätig. Seit 1977 hat I. Kreissig insgesamt 300 Stipendiaten aus verschiedenen Ländern (z. B. Russland, China, Japan, Türkei, Kuweit, Ägypten, Israel, Palästina, Iran, Algerien, Lybien) ausgebildet, von denen einige mittlerweile als Lehrstuhlinhaber oder Leiter von Netzhautabteilungen tätig sind. Sie wirkte bei 424 Publikationen in nationalen und internationalen Fachzeitschriften, Buch-Kapiteln und Büchern mit. Für ihre Verdienste erhielt I. Kreissig zahlreiche Auszeichnungen, so beispielsweise den Award der American Academy of Ophthalmology (1979), den Award der Polish Ophthalmology Society (1984), den Award of Merit in Retina Research der American Retina Society (1992), den Award der Mexican Ophthalmological Society (2007) oder den Award der Algerischen Ophthalmological Society (2007).

Die Laudatoren Prof. Dr. med. Susanne Binder, Prof. Dr. med. Christos Haritoglou und Prof. Dr. med. Anselm Kampik hoben das große Durchhaltevermögen von I. Kreissig , ihre Entschlossenheit und ihre enormes Wissen in der Retinologie hervor. Sie sei "die absolute Königin der minimalen extraokularen Plombenchirurgie bei Netzhautablösungen“– so S. Binder. „Ich kann mich an so lebhafte Diskussionen zum Thema Ballonplombe erinnern, in denen Sie quasi allein unter Männern manchmal keinen leichten Stand hatten. Aber das schien Sie nicht zu entmutigen und das hat mich damit nachhaltig beeindruckt.“ – schloss sich C. Haritoglou an und A. Kampik hob als drei markante Leistungen von I. Kreissig in der Augenheilkunde die Einführung der Gastamponade zur Behandlung der Netzhautablösung, ihre Arbeiten zur Wirkungsweise der Kryopexie an der Netzhaut und ihre Berufung als erste Ordinaria in der Augenheilkunde hervor.

Ingrid Kreissig war von ihrer Nominierung sichtlich überrascht und erfreut, dass sie ausgewählt wurde. In ihrer auf Englisch gehaltenen Dankesrede erzählte sie von ihren Anfangszeiten in der Männerwelt der Augenheilkunde und von Vorurteilen, denen sie als junge blonde Frau anfangs ausgesetzt war. Sie wies darauf hin, wie wichtig es ist, jedem Patienten genau zuzuhören, ihn ausführlich zu diagnostizieren und nicht nur nach Aktenlage zu beurteilen. Am Ende ihrer Rede appellierte sie an das Publikum, internationale Verbindungen zu kultivieren, denn nur in der internationalen Zusammenarbeit könnten Probleme gelöst werden. „Keep alive your international connections!“